Wer ist Gesamtgläubiger laut § 428 BGB?

Von Sascha Münch

Letzte Aktualisierung am: 29. April 2025

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Gesamtgläubiger – Das Wichtigste in Kürze

Wer sind laut § 428 BGB Gesamtberechtigte?

Nach § 428 BGB sind Gesamtgläubiger Personen, die gemeinsam eine Forderung haben. Jeder von ihnen ist berechtigt, die gesamte Leistung vom Schuldner zu verlangen, der sie wiederum nur einmal erbringen muss.

Welche Beispiele gibt es für Gesamtgläubiger?

Gesamtgläubiger sind z. B. die Inhaber eines Oder-Kontos. Weitere Beispiele führen wir hier auf.

Ist ein Gesamtgläubiger mit einem Mitgläubiger gleichzusetzen?

Nein, Gesamt- und Mitgläubiger unterscheiden sich in verschiedenen Punkten – vor allem dadurch, wie sie Forderungen geltend machen. Diese Liste veranschaulicht die Hauptunterschiede.

Was steht zu Gesamtgläubigern im BGB?
Was steht zu Gesamtgläubigern im BGB?

Was bedeutet der Paragraph 428 BGB?

Wann ist man Gesamtgläubiger gemäß § 428 BGB?
Wann ist man Gesamtgläubiger gemäß § 428 BGB?

Die gesetzliche Regelung zu Gesamtgläubigern ist in § 428 ff. BGB festgelegt. In diesem Gesetzestext geht es darum, wie mehrere Gläubiger eine einzige Leistung von einem Schuldner fordern können.

Genauer gesagt regelt § 428 BGB, dass bei mehreren gemeinsam berechtigten Gläubigern (sogenannten Gesamtgläubigern) jeder von ihnen die vollständige Leistung fordern kann. Somit steht jedem Gesamtgläubiger die Aktivlegitimation zu.  Das bedeutet, dass jeder Gläubiger die Berechtigung hat, eine Forderung gerichtlich geltend zu machen.

Der betroffene Schuldner muss die Leistung jedoch nur einmal erbringen. Auch wenn mehrere Gläubiger des Gesamtgläubigerverhältnisses die Leistung fordern. Die Entscheidung, an welchen Gläubiger der Schuldner diese leistet, ist ihm frei überlassen.

§ 430 BGB legt zudem fest, dass innerhalb des Gesamtgläubigerverhältnisses alle Gläubiger denselben Anspruch auf die Leistung haben. Der Paragraph besagt nämlich:

„Die Gesamtgläubiger sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen berechtigt, soweit nicht ein anderes bestimmt ist.“

Genauer gesagt bedeutet das: Auch wenn jeder nach außen (also gegenüber dem Schuldner) die ganze Leistung fordern darf, steht jedem Gläubiger im Innenverhältnis nur ein Anteil zu. In der Regel sind diese Anteile alle gleich.

Bei Bedürfnis kann ein Gesamtgläubiger auch einen Klageantrag stellen. Auch, wenn mehrere Gläubiger gemeinsam berechtigt sind, darf er diesen alleine stellen und die gesamte Forderung einklagen. Wenn der klagende Gläubiger das Geld bekommt, muss er den anderen Gesamtgläubigern ihren Anteil intern herausgeben, sofern ihnen vertraglich oder gesetzlich ein Anteil zusteht.

Wie unterscheidet sich ein Gesamtgläubiger von einem Mitgläubiger?

Gesamtgläubiger können einen Klageantrag stellen, wenn der Schuldner der Forderung nicht nachkommt.
Gesamtgläubiger können einen Klageantrag stellen, wenn der Schuldner der Forderung nicht nachkommt.

Gesamtgläubiger und Mitgläubiger unterscheiden sich vor allem in der Art und Weise, wie die Forderung geltend gemacht wird und wie die Ansprüche zwischen den Gläubigern aufgeteilt werden.

Beide Begriffe beziehen sich zwar auf mehrere Gläubiger, jedoch ist das Verhältnis zwischen ihnen unterschiedlich. Folgende Tabelle veranschaulicht die Hauptunterschiede.

Gesamtgläubiger

  • Jeder Gläubiger kann die gesamte Forderung einfordern
  • Der Schuldner ist nach der Leistung von der Verpflichtung gegenüber allen Gläubigern befreit
  • Das Innenverhältnis wird individuell geregelt

Mitgläubiger

  • Jeder Gläubiger kann nur seinen anteiligen Anteil einfordern
  • Der Schuldner ist nach Erbringung nur teilweise von der Verpflichtung befreit, denn der andere Mitgläubiger muss ebenfalls bedient werden
  • Das Innenverhältnis ist klar verteilt, jeder hat einen festgelegten Anteil

Wann wird von Gesamtgläubigern gesprochen? Beispiele

Bei einem Einkommensteuer-Erstattungsanspruch sind die Gesamtgläubiger beide Eheleute – ihnen steht der volle Erstattungsbetrag zu.
Bei einem Einkommensteuer-Erstattungsanspruch sind die Gesamtgläubiger beide Eheleute – ihnen steht der volle Erstattungsbetrag zu.

Gesamtgläubigerschaften treten in verschiedenen rechtlichen Zusammenhängen auf. Typische Beispiele sind das Oder-Konto sowie der Einkommenssteuer-Erstattungsanspruch.

Das Oder-Konto ist eine Gesamtgläubigerschaft, wenn es um das Guthaben auf dem Konto geht. Es handelt sich dabei nämlich um ein Gemeinschaftskonto von zwei oder mehreren Personen. Alle, die dazu berechtigt sind, dieses Konto zu nutzen, sind Kontoinhaber. Die Inhaber des Kontos sind aus folgenden Gründen Gesamtgläubiger:

  • Das gesamte Kontoguthaben steht jedem zu
  • Jeder hat Anspruch auf die Leistung der Bank, wie beispielsweise das Abheben von Geld
  • Die Bank leistet nur einmal – sie muss nicht mehrfach auszahlen, um jedem Gläubiger dieselbe Leistung zu erbringen

Auch der Einkommensteuer-Erstattungsanspruch, der beiden Ehepartnern gemeinsam gegenüber dem Finanzamt zusteht, gilt als typischer Fall der Gesamtgläubigerschaft. Grund dafür ist, dass:

  • Der Steuerbescheid auf beide gemeinsam ausgestellt ist
  • Das Finanzamt die Erstattung beider Ehegatten zusammen schuldet
  • Jeder Ehegatte kann den vollen Erstattungsbetrag verlangen
  • Im Innenverhältnis steht jedem Ehegatten ein gleicher Anteil der Erstattung zu

Was ist das Besondere an einer Pfändung bei Gesamtgläubigern?

Bei Gesamtgläubigern kann eine Pfändung ähnlich wie bei anderen Gläubigergruppen durchgeführt werden, allerdings gibt es folgende Besonderheiten:

  • Bei Gesamtgläubigern kann jeder einzelne Gläubiger die gesamte Forderung gegen den Schuldner pfänden lassen.
  • Die Zahlung an einen der Gläubiger befreit den Schuldner von seiner Verpflichtung gegenüber allen Gesamtgläubigern.
  • Die Pfändung wird durch den Gläubiger, der sie beantragt, vollstreckt, und der Erlös wird an den Gläubiger ausgezahlt, der die Pfändung beantragt hat.
  • Eine Verteilung des Erlöses unter den Gesamtgläubigern ist im Innenverhältnis der Gläubiger geregelt.

Quellen und weiterführende Links

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Über den Autor

Sascha Münch (Rechtsanwalt)
Sascha Münch

Sascha Münch hat sein Jura-Studium in Bremen abgeschlossen und im Anschluss am OLG Celle sein Referendariat absolviert. Seit 2013 ist er zugelassener Rechtsanwalt. Obendrein wurde er 2019 zum Notar bestellt, ist aber seit 2021 außer Dienst. In seinen Texten befasst er sich u. a. mit Insolvenzthemen.

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