Erwerbsobliegenheit im privaten Insolvenzverfahren

Von Franziska L.

Letzte Aktualisierung am: 2. April 2024

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Erwerbsobliegenheit – Das Wichtigste in Kürze

Muss ich während der Privatinsolvenz arbeiten?

Ja, denn laut § 287b InsO obliegt es Ihnen, einer angemessenen Beschäftigung nachzugehen oder sich zumindest um eine solche zu bemühen. Das gilt jedoch nur für Menschen, die noch im Berufsleben stehen, also nicht für Rentner. Weitere Einschränkungen stellten wir in diesem Abschnitt vor.

Was passiert, wenn man in der Insolvenz arbeitslos wird?

Die Privatinsolvenz läuft trotz Arbeitslosigkeit weiter. Unter Umständen sinkt aber aufgrund des niedrigeren Einkommens die Pfändungsfreigrenze, sodass weniger Geld pfändbar ist. außerdem muss der Schuldner seiner Erwerbsobliegenheit nachkommen. Was das genau beinhaltet, lesen Sie hier.

Was geschieht, wenn der Schuldner seiner Erwerbsobliegenheit nicht (hinreichend) nachkommt?

In diesem Fall riskiert er die Versagung seiner Restschuldbefreiung – allerdings nur, sofern er die Obliegenheitsverletzung verschuldet hat.

Die Erwerbsobliegenheit im Insolvenzverfahren dient dient dem Interessenausgleich: Der Schuldner soll mit seinem Gehalt möglichst viele Schulden bezahlen. Im Gegenzug erhält er die Restschuldbefreiung - zulasten der Gläubiger.
Die Erwerbsobliegenheit im Insolvenzverfahren dient dient dem Interessenausgleich: Der Schuldner soll mit seinem Gehalt möglichst viele Schulden bezahlen. Im Gegenzug erhält er die Restschuldbefreiung – zulasten der Gläubiger.

Was ist die Erwerbsobliegenheit?

Nach § 287b InsO obliegt es dem Schuldner, während der Abtretungsfrist einer angemessenen Arbeit nachzugehen und sich im Falle seiner Arbeitslosigkeit um eine Erwerbstätigkeit zu bemühen. Wer ohne Beschäftigung ist, darf darüber hinaus keine zumutbare Beschäftigung ablehnen. Mit der Abtretungsfrist ist die dreijährige Wohlverhaltensphase gemeint, die bereits mit der Eröffnung der Privatinsolvenz beginnt.

Das ist die sogenannte Erwerbsobliegenheit, die den Schuldner dazu anhält, so viel Arbeitseinkommen wie möglich zu erwirtschaften. Denn je höher das Gehalt, desto höher ist auch der pfändbare Anteil und desto besser gelingt es, die Forderungen der Gläubiger zu begleichen.

Der Schuldner soll also auch etwas dafür tun, dass ihm das Insolvenzgericht zum Verfahrensende die Restschuldbefreiung erteilt und die Gläubiger damit (zumindest zu einem Teil) auf ihre noch offenen Forderungen verzichten müssen.

Verletzt der Schuldner seine Erwerbsobliegenheit und beeinträchtigt er dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger, so kann das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Gläubigers versagen. Das gilt allerdings nicht, wenn den Schuldner keinerlei Verschulden trifft. Wer sich also ernsthaft, aber erfolglos um einen Job bemüht, muss nicht befürchten, dass das Gericht die Restschuldbefreiung versagt.

Was genau beinhaltet die Erwerbsobliegenheit?

Was muss der Schuldner tun, um seiner Erwerbsobliegenheit nachzukommen?
Was muss der Schuldner tun, um seiner Erwerbsobliegenheit nachzukommen?

§ 287b InsO verlangt, dass der Schuldner einer angemessenen Erwerbstätigkeit nachgeht. Was das genau bedeutet, hängt von den persönlichen Verhältnissen des Schuldners ab. Zum einen soll die Beschäftigung seinen beruflichen Qualifikationen entsprechen und zum anderen gilt gewöhnlich nur eine Vollzeitstelle mit einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 35 bis 40 Stunden als angemessen.

Wer ledig ist und keine Kinder zu versorgen hat, muss sich also um eine Vollzeitbeschäftigung bemühen, selbst wenn er bereits eine Teilzeitstelle ausübt. Diese Erwerbsobliegenheit gilt auch für Schuldner, die erfolglos selbstständig tätig sind oder keinen Job haben. Das hat der Bundesgerichtshof um Jahr 2018 entschieden.

Wer arbeitslos ist, muss demnach Folgendes tun, um seiner Erwerbsobliegenheit ausreichend nachzukommen:

  • Er muss sich bei der Arbeitsagentur arbeitssuchend melden und regelmäßigen Kontakt zu seinem Berater halten.
  • Er ist angehalten, aktiv nach Stellenangeboten zu suchen und sich in etwa zwei bis drei Mal wöchentlich auf passende Stellenangebote zu bewerben.
  • Unter Umständen muss der Schuldner sich sogar in Bereichen bewerben, in denen er noch nicht gearbeitet hat oder, wenn der Arbeitsmarkt nichts anderes hergibt, einen Aushilfs- oder Gelegenheitsjob annehmen.
  • Der Schuldner muss Einladungen zu Vorstellungsgesprächen wahrnehmen.
  • Er hat seine Bewerbungsbemühungen genau zu dokumentieren und muss sie auf Verlangen des Treuhänders nachweisen.
  • Zumutbare Tätigkeiten darf der Schuldner nicht ablehnen.

Allerdings ist die Erwerbsobliegenheit auf eine zumutbare Erwerbstätigkeit beschränkt. Was das genau heißt, richtet sich nach den gesundheitlichen, familiären und persönlichen Verhältnissen des Schuldners. Einem gesunden, kinderlosen und ledigen Schuldner ist in der Regel mehr zuzumuten als jemandem, der pflegebedürftige Angehörige oder kleine Kinder betreut.

Einschränkungen der Erwerbsobliegenheit

  • Wer krankheitsbedingt nicht in der Lage ist zu arbeiten, muss dies auch nicht tun. Für ihn entfällt die Erwerbsobliegenheit, weil die Gesundheit des Schuldners als höher eingestuft wird als das Interesse der Gläubiger am Schuldenabbau. Der Schuldner muss aber beispielsweise durch eine Reha-Maßnahme um eine Wiederherstellung seiner Gesundheit bemühen – allerdings nur, sofern das möglich ist.
  • Für Rentner entfällt die Erwerbsobliegenheit ebenfalls, weil sie nur während des Berufslebens gilt. Wer das Renteneintrittsalter erreicht hat, muss nicht mehr arbeiten und auch keine Bewerbungen mehr versenden.
  • Während der Elternzeit, also bis zum dritten vollendeten Lebensjahr des Kindes, besteht ebenfalls keine Erwerbsobliegenheit. Danach muss sich der Schuldner unter Umständen zumindest um eine Teilzeitstelle aufnehmen.
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Franziska L.

Franziskas Herzensthema sind Finanzen sowie Verbraucherthemen rund ums Geld. Seit 2017 schreibt sie für schuldnerberatungen.org regelmäßig über Schuldenregulierung & Geldtipps, Pfändung & Insolvenz sowie über zivilrechtliche Fragestellungen. Dabei lässt sie auch ihr juristisches Knowhow aus Studium und Referendariat einfließen.

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