Wegen Schulden ins Gefängnis müssen: Ist das möglich?

Von Petra Y.

Letzte Aktualisierung am: 4. Februar 2024

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Wegen Schulden ins Gefängnis: Das Wichtigste in Kürze

Kann es sein, dass man in Deutschland Schulden im Knast absitzen muss?

Nein, grundsätzlich muss in Deutschland niemand mehr wegen Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit ins Gefängnis. Lediglich als Folge von Schulden kann eine Haftstrafe drohen.

Wann droht ein Haftbefehl wegen Schulden?

Ein Haftbefehl wegen Schulden kann bei Nichtabgabe der Vermögensauskunft oder wegen eines Vermögensdelikts drohen. Auch eine Ersatzfreiheitsstrafe ist möglich, wenn eine Geldstrafe für ein Delikt nicht bezahlt werden kann. Mehr dazu erfahren Sie hier.

Was ist die Vermögensauskunft?

Die Vermögensauskunft informiert Gläubiger darüber, wie viel Geld bei einem Schuldner zu holen ist. Wird die Abgabe grundlos verweigert, kann ein Haftbefehl ergehen. Weitere Informationen finden Sie hier.

Schulden nicht bezahlt: Droht ein Knast-Aufenthalt?
Schulden nicht bezahlt: Droht ein Knast-Aufenthalt?

Kann man heute noch wegen Schulden ins Gefängnis müssen?

Seit 1963 wird in Deutschland keine Person mehr, die ihre Schulden nicht bezahlt, in den Knast gesteckt. Artikel 1 zu Protokoll Nummer 4 der Europäischen Menschenrechtskonvention, der auch hierzulande gilt, besagt:

Niemandem darf die Freiheit allein deshalb entzogen werden, weil er nicht in der Lage ist, eine vertragliche Verpflichtung zu erfüllen.

Der Wortlaut „allein deshalb“ indiziert aber schon, dass es zusätzliche Gründe geben kann, die doch einen Haftbefehl rechtfertigen. Die Polizei kann also grundsätzlich keinen Haftbefehl wegen Schulden erlassen. Wegen Schulden ins Gefängnis kann eine Person aber kommen, wenn sie

  • die Vermögensauskunft nicht abgegeben hat
  • wegen einer Straftat wie Betrug oder Steuerhinterziehung verurteilt wurde
  • oder wenn wegen Zahlungsunfähigkeit einer Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt wurde

Was passiert beim Haftbefehl wegen Schulden bei Nichtabgabe der Vermögensauskunft?

Wie bereits festgestellt wurde, kann kein Haftbefehl wegen Schulden ergehen. Doch wenn Sie die Vermögensauskunft nicht abgeben, kann eine sogenannte Erzwingungshaft angeordnet werden.

Wegen Schulden ins Gefängnis: Dazu müssen besondere Umstände hinzukommen.
Wegen Schulden ins Gefängnis: Dazu müssen besondere Umstände hinzukommen.

Wenn ein Gläubiger sein Geld vom Schuldner nicht erhält, kann er seine Forderungen auf verschiedene Weise durchsetzen. Besitzt er einen vollstreckbaren Titel gegen den Schuldner (wie ein Urteil oder einen Vollstreckungsbescheid), so kann er beim Gerichtsvollzieher die Abgabe der Vermögensauskunft beantragen. Diese soll darüber informieren, wie viel Geld beim Schuldner zu holen ist.

Wenn der Schuldner grundlos seinen Gerichtstermin nicht wahrnimmt oder die Abgabe der Vermögensauskunft grundlos verweigert, kann das Amtsgericht auf Antrag des Gläubigers einen Haftbefehl erlassen. Hierbei handelt es sich aber nicht um einen strafrechtlichen Haftbefehl, nur der Gerichtsvollzieher kann ihn vollziehen. Die Haft dient als Druckmittel und wird umgangssprachlich auch als Beugehaft wegen Schulden bezeichnet.

Die Haft wegen der Nichtabgabe der Vermögensauskunft kann maximal sechs Monate betragen. Geben Sie die Vermögensauskunft in der Zeit ab, werden Sie sofort entlassen.

Geldbetrug: Ein Grund dafür, in Folge von Schulden ins Gefängnis zu kommen

Als Folge eines Betrugs nach § 263 Strafgesetzbuch (StGB) oder ähnlicher Vermögensdelikte kann ein Haftbefehl wegen Schulden verhängt werden.

Solche Straftaten setzen immer auch Vorsatz voraus. Die Person, die einen Betrug oder eine Steuerhinterziehung begeht, muss zumindest in Kauf nehmen, dass andere an ihrem Vermögen geschädigt werden.

Beim Betrug muss zudem die Absicht rechtswidriger Bereicherung vorliegen. Ob diese Merkmale gegeben sind, ist immer anhand des Einzelfalls zu bestimmen.

Die Ersatzfreiheitsstrafe: Haftanordnung bei Schulden statt einer Geldstrafe

Eine Ersatzfreiheitsstrafe bei Schulden kommt in Betracht, wenn eine Geldstrafe nicht bezahlt werden kann,
Eine Ersatzfreiheitsstrafe bei Schulden kommt in Betracht, wenn eine Geldstrafe nicht bezahlt werden kann,

Wegen vieler Delikte werden in Deutschland Geldstrafen verhängt. Wenn Menschen eine solche Geldstrafe nicht bezahlen können, wird diese gemäß § 43 StGB durch eine Freiheitsstrafe ersetzt.

Ein Tagessatz entspricht dabei einem Tag Freiheitsstrafe. Die Anzahl der Tagessätze bemisst sich nach der Schwere der Tat, die Höhe der Tagessätze nach dem durchschnittlichen Tagesverdienst des oder der Verurteilten.

Dementsprechend kann gesagt werden, dass eine Person wegen dieser Schulden ins Gefängnis muss.

Eine Haftstrafe wegen Schulden bzw. deren Folgen droht in Deutschland also nur unter strengen Voraussetzungen. Bevor weitere Konsequenzen drohen, lohnt es sich allerdings, eine Schuldnerberatung aufzusuchen.

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Über den Autor

Autor
Petra Y.

Petra gehört seit 2018 zum Team von schuldnerberatungen.org. Als Redakteurin schreibt sie Ratgeber zu Themen wie Privatinsolvenz, Schuldenbereinigung und Finanzhilfe. Sie hat einen Abschluss in Kommunikationswissenschaften.

2 replies on “Wegen Schulden ins Gefängnis müssen: Ist das möglich?”

Michaelsays:

Ich gratuliere dem Autor zu diesem sehr informativen und aufklärenden Beitrag zur Rechtslage in diesen Fragen und bedanke mich sehr herzlich!

Michael

verturiasays:

Wegen ein schuld von 500eu zusammen mit Zinsen be dem Versicherung habe ich haftbefehl bekommen. Ich wollte das alle zum Ende des Monats bezahlen denn ich war schon lange ohne Arbeit jetzt doch habe ein job wo ich das schuld bei obergerichtsvollziuher bezahlen kann. Trotzdem muss die mich verhaftet? Bin alei Erziehunge mama, ist das normal?

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